Ausgangssituation - Virtuelle Akademie Bodensee

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Ausgangssituation

Die Wissenschaften und der "Kampf der Weltanschauungen"

Angesichts der vielfach spürbaren negativen Entwicklungen im sozialen und politischen Feld sowie im Umgang mit der Umwelt, der Natur, fragen immer mehr Menschen nach den Ursachen der vielfältigen ungünstigen Prozesse und Abläufe in den verschiedensten Bereichen.  
Vordergründige Erklärungen wirtschaftlicher und politischer Sachzwänge oder die Begründung in menschlichen Schwächen ("Gier") greifen zu kurz – welche Denkformen (Einstellungen, Überzeugungen) sind eigentlich ursächlich für die negativen Prozesse verantwortlich? Wie sind sie entstanden und wie lassen sich die extremen "unerwünschten Nebenwirkungen" des wissenschaftlichen (und wirtschaftlichen) Fortschritts verstehen, den das neuzeitliche, vielfach einseitig naturwissenschaftlich geprägte Denken mit sich gebracht hat?

Das ist ein Aspekt, der selten thematisiert wird. Wichtig scheint uns dabei, dass die Aufmerksamkeit auf die philosophischen (weltanschaulichen) Hintergrundannahmen gelenkt wird, die in engem Zusammenhang mit den drängenden Problemen unserer Zeit stehen. Dann eröffnen sich auch neue Perspektiven, es zeigen sich positive, konstruktive Alternativen im Denken und Handeln.

Viele Menschen sind der Überzeugung, dass nur der Zugang zu einer 'tieferen' Dimension der Wirklichkeit die notwendigen Ressourcen erschließen kann, die für wirkungsvolle Veränderungen erforderlich sind. Ein zeitgenössischer deutscher Philosoph (Julian Nida-Rümelin) hat einmal gesagt, dass es zwei große Bedrohungen für den Humanismus gibt – auf der einen Seite den religiösen Fundamentalismus, auf der anderen Seite den (reduktionistischen) Naturalismus, der keine angemessene Begründung für die Orientierung an Werten und damit für ein werteorientiertes Umgehen mit anderen Menschen und der Natur liefern kann.

Es findet heute so etwas wie ein "Kampf der Weltanschauungen" statt, oft ohne dass die unterschiedlichen Positionen und Wahlmöglichkeiten wirklich klar und explizit benannt werden.

Eine wesentliche Ursache der vielfach festzustellenden Verunsicherung liegt u.E. darin, dass immer wieder naturwissenschaftliche (empirische) Vorgehensweisen und Ergebnisse mit wenig reflektierten philosophischen Hintergrundannahmen und daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen verbunden werden. So entwickeln sich unversehens aus begrenzten empirischen Resultaten weitreichende Annahmen, ohne dass dafür hinreichende Begründungen bzw. philosophisch fundierte Überlegungen zugrunde liegen.

Für Laien ist es vor diesem Hintergrund äußerst schwierig, relevante und wichtige Informationen zu finden und für sich zu erschließen. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass Spezialisten auf allen anderen Gebieten als ihrem Spezialbereich ebenfalls Laien sind - so wird gerade Naturwissenschaftlern häufig eine unangemessene Form von (quasi-philosophischer) Autorität zuerkannt.



Der deutsche Philosoph Holm Tetens, der selbst eine naturalistische Weltsicht vertritt, hat sehr deutlich aufgezeigt, dass es für den Naturalismus keine "Unterstützung" durch empirische einzelwissenschaftliche Ergebnisse gibt: "Der Naturalismus beinhaltet also keine erfahrungswissenschaftliche Tatsache, sondern eine philosophische Auskunft über die Wirklichkeit im Ganzen und die Stellung des Menschen in ihr. In diesem Sinne ist der Naturalismus eine metaphysische Position. Als Metaphysik konkurriert er mit anderen metaphysischen Weltauffassungen und muss sich dem Wettbewerb von Gründen und Gegengründen stellen, die sich allein für oder gegen eine metaphysische Deutung der Wirklichkeit ins Feld führen lassen. Einzelwissenschaftliche Resultate zählen nicht zu diesen Gründen."

In der Tat gibt es durchaus alternative Konzepte und Entwürfe mit ganz unterschiedlichen (ontologischen / metaphysischen / anthropologischen) Hintergrundannahmen, auch wenn man den Maßstab wissenschaftstheoretischer Fundiertheit anlegt. Allerdings sind solche Aussagen und Konzeptionen eher 'am Rande' der akademischen Disziplinen angeordnet, und so werden Wissenschaftler, die entsprechende Positionen vertreten, im universitären Feld vielfach diffamiert und in ihrem Fortkommen behindert bzw. sie positionieren sich bewusst außerhalb dieses Rahmens.



 
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